Rechtliche Anforderungen

Anforderungen an eine Selbständigkeit

In Deutschland kann sich jede Person selbständig machen und ein Unternehmen gründen. Diese Möglichkeit der unternehmerischen Freiheit ist ein Grundprinzip der deutschen Wirtschaft. Allerdings müssen Sie für einige Berufe bestimmte Qualifikationen nachweisen oder gesetzliche Verpflichtungen erfüllen. Auch müssen Sie wissen, ob Sie einen gewerblichen Beruf oder einen freien Beruf ausüben wollen, da unterschiedliche Anforderungen je nach Berufsart bei der Beantragung der Aufenthaltserlaubnis gelten. Die wichtigsten Informationen finden Sie auf dieser Seite.


Darf ich mich als Migrant:in in Deutschland selbständig machen?

Personen aus der Europäischen Union sowie aus Norwegen, Island, Lichtenstein und der Schweiz haben einen freien Zugang zur Selbständigkeit. Aber auch Personen aus einem Nicht-EU Land (sogenannte "Drittstaatler:innen") haben die Möglichkeit, sich in Deutschland selbständig zu machen. Nur ist der Weg je nach Ihren persönlichen und beruflichen Voraussetzungen komplizierter. Als Drittstaatler:in können Sie sich erst dann selbständig machen, wenn Sie dafür die Erlaubnis durch die Ausländerbehörde erhalten haben. Dafür müssen Sie den richtigen Aufenthaltstitel beantragen. Dies ist unabhängig davon, ob Sie sich noch im Ausland befinden oder bereits in Deutschland sind. Wenn Sie bereits in Deutschland leben, zeigen wir Ihnen unter Der richtige Aufenthaltstitel für Ihre Selbständigkeit die erforderlichen Schritte, befinden Sie sich noch im Ausland, zeigen wir Ihnen unter Visum- und Einreiseprozess die erforderlichen Schritte.

Gewerbefreiheit

Jede Person hat das Recht ein Gewerbe selbständig zu betreiben, soweit dies nicht gegen geltende Gesetze verstößt oder gesetzlichen Beschränkungen unterliegt. Die mit der Gewerbefreiheit verbundene Möglichkeit der freien unternehmerischen Betätigung ist ein wesentliches Gestaltungsmerkmal einer marktwirtschaftlichen Wirtschaftsordnung.


Brauche ich Qualifikationen, um mich selbständig zu machen?

Ob Sie formale Qualifikationen brauchen, hängt von dem Beruf ab, in dem Sie sich selbständig machen wollen. Für viele Berufe müssen zunächst Ihre Qualifikationen überprüft und anerkannt werden. Das gilt besonders für hochqualifizierte Berufe wie in der Medizin oder bei juristischen Tätigkeiten. Aber auch für viele handwerkliche Berufe müssen Sie in Deutschland Qualifikationen nachweisen. Man unterscheidet hier zwischen zulassungsbeschränkten und zulassungsfreien Gewerben. Bevor Sie sich selbständig machen, müssen Sie sich informieren, zu welcher Kategorie Ihre Unternehmung gehört.

Für 43 der insgesamt 130 Berufe im deutschen Handwerk benötigen Sie eine formale Qualifikation. Wenn Sie sich in einem dieser Berufe selbständig machen wollen, müssen Sie Ihre berufliche Qualifikation anerkennen lassen (siehe Berufliche Anerkennung). Häufig wird Ihre ausländische Qualifikation nur zum Teil als gleichwertig mit dem deutschen Meisterberuf bewertet, weil Sie bestimmte Tätigkeiten nicht erlernt haben. Dann benötigen Sie eine Anpassungsqualifizierung, um die Gleichwertigkeit zu erreichen.

Klären Sie, ob Sie sich in einem sogenannten reglementierten Beruf selbständig machen wollen. Dazu gehören die Freien Berufe wie zum Beispiel Ärzt:innen, Steuerberater:innen oder Architekt:innen. Auch für reglementierte Berufe benötigen Sie eine berufliche Anerkennung Ihrer Qualifikation. Geben Sie in unserem Berufe-Lexikon Ihren Beruf ein und Sie erfahren zu welcher Kategorie Ihr Beruf gehört.


Berufliche Anerkennung

Bei der beruflichen Anerkennung wird überprüft, ob Ihr Berufsabschluss den erforderlichen Qualifikationen im entsprechenden Beruf entspricht. Gibt es keine oder nur geringe Unterschiede, wird ihr Berufsabschluss als gleichwertig anerkannt. Wenn es größere Unterschiede gibt, müssen Sie eine Prüfung machen oder eine Qualifizierungsmaßnahme besuchen, um die Gleichwertigkeit zu erreichen.

Zu allen Fragen der beruflichen Anerkennung wie zum Beispiel zum Antragsverfahren, zu den notwendigen Dokumenten, Kosten und Qualifizierungen können Sie sich kostenfrei bei den IQ-Beratungsstellen informieren; es gibt sie in jedem Bundesland. Eine Beratungsstelle in Ihrer Nähe finden Sie auf der Plattform des IQ-Netzwerkes.

Hier erfahren Sie, wie und wo Sie Ihren Abschluss anerkennen lassen können.
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Ausnahmeregelungen

Es gibt zahlreiche Ausnahmeregelungen für die Gründung eines Gewerbes in einem zulassungspflichtigen Handwerk. Daher empfehlen wir Ihnen: Lassen Sie sich in jedem Fall von Fachleuten einer Handwerkskammer beraten, wenn Sie keinen deutschen Meisterbrief besitzen und an einer Selbständigkeit im zulassungspflichtigen Handwerk interessiert sind.

Beispiele für eine Ausnahmeregelung:

Sie haben noch keinen Meistertitel oder Ihre berufliche Qualifikation wurde nicht als gleichwertig anerkannt? Dennoch gibt es Wege, um in dem zulassungspflichtigen Handwerk ein Gewerbe zu gründen:

  • Sie melden sich zur Zulassung für die Meisterprüfung bei der Kammer der Region an, in der Sie sich selbständig machen wollen. Gegebenenfalls ist es sinnvoll, vorher an einer beruflichen Qualifizierung teilzunehmen, die Sie auf diese Prüfung vorbereitet.
  • Sie stellen eine Person mit Meisterqualifikation ein, denn dann dürfen Sie in dem zulassungspflichtigen Handwerk gründen. So können Sie selbständig Tätig sein, während sie sich darauf vorbereiten die Meisterprüfung selbst abzulegen.

Ihre ausländische Qualifikation wurde in einem Anerkennungsverfahren nur zum Teil als gleichwertig mit dem deutschen Meisterberuf bewertet. Daher dürfen Sie die Tätigkeiten nicht ausführen, die Sie durch ihre Qualifikation nicht erlernt haben. Mitunter ist es aber möglich, eine Teiltätigkeit des zulassungspflichtigen Handwerks auszuüben. Ein Beispiel: Sie dürfen sich als Herrenfriseur selbständig machen, aber nicht als Damenfriseur.

Meisterqualifikationen, die in Österreich oder in Frankreich erworben wurden, werden aufgrund von Abkommen zwischen den Ländern und Deutschland automatisch anerkannt.

Ausnahmen werden auch dann gemacht, wenn Ihnen eine Meisterprüfung nicht mehr zugemutet werden kann, beispielsweise aufgrund Ihres Alters. Das ist in § 8 der Handwerksordnung festgelegt. Dann müssen Sie allerdings Ihre fachlichen und kaufmännischen Kenntnisse, Ihre Qualifikationen und Ihre Berufserfahrung nachweisen. Auch Staatsangehörige der EU, des Europäischen Wirtschaftsraus und der Schweiz können eine solche Ausnahmebewilligung erhalten. Dafür müssen Sie entweder eine entsprechende Berufserfahrung (siehe § 2 EU/EWR Handwerksordnung) oder eine entsprechende ausländische Qualifikation (siehe § 3 EU/EWR Handwerksordnung) nachweisen.

Gesellen mit viel Berufserfahrung können eine Ausnahmegenehmigung bekommen. Das gilt auch für Personen deren ausländische Qualifikation voll anerkannt wurde. Die Voraussetzungen für diese Ausnahme sind in § 7b der Handwerksordnung festgelegt: Der Abschluss als Geselle oder die Anerkennung einer ausländischen Qualifikation muss in dem betreffenden zulassungspflichtigen Handwerk erfolgt sein. Anschließend muss mindestens eine sechsjährige Tätigkeit in diesem Handwerk nachgewiesen werden. Davon müssen Sie mindestens vier Jahre in einer leitenden Stellung tätig gewesen sein. Der Nachweis erfolgt durch Zeugnisse und Bescheinigungen. Die Handwerkskammer verlangt für die Prüfung 100 bis 500 € - je nach Aufwand. Für Fachkräfte aus dem Ausland ist zu beachten: Zeiten für die Berufserfahrung werden erst ab dem Zeitpunkt angerechnet, an dem ihnen die Anerkennung der ausländischen Qualifikation bescheinigt wurde.

Erlaubnispflichtige Gewerbe

Klären Sie, ob Sie eine besondere Erlaubnis benötigen, um Ihr Gewerbe zu eröffnen. Das gilt beispielsweise für Versicherungsmakler:innen oder für Betreiber:innen von privaten Krankenhäusern, Spielhallen oder Wachdiensten. Wer in den erlaubnispflichtigen Gewerben selbständig tätig sein möchte, muss bestimmte Voraussetzungen nachweisen und beim Gewerbeamt eine Genehmigung beantragen. Die Voraussetzungen sind nicht für alle erlaubnispflichtigen Gewerbe gleich, sondern unterscheiden sich von Beruf zu Beruf. Am häufigsten werden diese Voraussetzungen verlangt:

  • Ein Nachweis über die persönliche Zuverlässigkeit, zum Beispiel durch ein polizeiliches Führungszeugnis oder durch den Auszug aus dem Gewerbezentralregister oder durch eine Unbedenklichkeitsbescheinigung des Finanzamtes und des Gemeindeamtes.
  • Ein Nachweis über die fachlichen Voraussetzungen (auch als „fachliche Eignung“ bezeichnet). Diese können beispielsweise durch eine bestimmte Ausbildung oder auch ein Zertifikat bestimmter Weiterbildungen nachgewiesen werden.
  • Ein Nachweis über die sachlichen Voraussetzungen zur Gründung (auch als „sachliche Eignung“ bezeichnet). Diese können beispielsweise durch die Auskunft aus dem Schuldnerverzeichnis SCHUFA und/oder durch eine Bescheinigung über die bauliche Eignung der zukünftigen Gewerberäume nachgewiesen werden.

Die Bestimmungen sind in der Gewerbeordnung (GewO) § 29 bis § 40 geregelt. Mit der Genehmigung dürfen Sie das erlaubnispflichtige Gewerbe ausüben. Sie können die Erlaubnis nicht übertragen oder von anderen erhalten.


Freie Berufe

Die Selbständigkeit in einem freien Beruf erfordert in den meisten Fällen den Abschluss eines Hochschulstudiums. Es ist jedoch auch möglich, die erforderlichen Kenntnisse für die freiberufliche Tätigkeit durch ein Selbststudium oder durch eine Berufstätigkeit zu erwerben. Allerdings müssen die erworbenen Kenntnisse dem Niveau eines Hochschulstudiums entsprechen. Die freien Berufe werden in Deutschland in drei Kategorien unterteilt: Katalogberufe, ähnliche Berufe und Tätigkeitsberufe.

Katalogberufe sind die „klassischen“ freien Berufe, für die in den meisten Fällen ein Hochschulabschluss erforderlich ist. Welche Berufe das sind, ist im § 18 des Einkommenssteuergesetz (EStG) festgelegt. Für die meisten Katalogberufe sind bestimmte berufliche Qualifikationen erforderlich. Wenn Sie diesen Beruf in Deutschland studiert und hier Ihren Abschluss erworben haben, steht Ihnen der Zugang zur freiberuflichen Tätigkeit offen. Wenn Sie die erforderliche Qualifikation im Ausland erworben haben, muss Ihre ausländische Qualifikation dem jeweiligen deutschen Beruf gleichwertig sein. Dazu müssen Sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen. Weitere Berufspflichten können erforderlich werden. Prüfen Sie in unserem Berufe-Lexikon ob ihr Beruf bestimmte Qualifikationen erfordert!

Das sind Berufe, die nicht ausdrücklich im Katalog genannt werden, die aber den Katalogberufen in Bezug auf die Ausbildung oder die konkrete berufliche Tätigkeit ähnlich sind. Sie werden auch Analogberufe genannt. Daher wurden die ähnlichen Berufe in den Kreis der freien Berufe einbezogen. Die Anforderungen sind jedoch hoch. In der Regel prüft das Finanzamt im Einzelfall, ob ein Beruf zu den ähnlichen und damit zu den freien Berufen zählt. Prüfen Sie in unserem Berufe-Lexikon ob ihr Beruf bestimmte Qualifikationen erfordert!

Durch die Kategorie der Tätigkeitsberufe soll eine freiberufliche Tätigkeit in neuen Arbeitsfeldern oder neuen Berufsbildern möglich gemacht werden. Das kann in folgenden Bereichen der Fall sein:

  • wissenschaftliche Tätigkeiten
  • künstlerische Tätigkeiten
  • schriftstellerische Tätigkeiten
  • unterrichtende Tätigkeiten
  • erzieherische Tätigkeiten

Ob die jeweilige Tätigkeit zu den freien Berufen gehört – also die typischen Merkmale eines freien Berufs aufweist – wird meist durch das Finanzamt im Einzelfall entschieden. Wenn Sie Ihre berufliche Qualifikation im Ausland erworben haben, muss sie hier als gleichwertig zum deutschen freien Beruf anerkannt werden. Dazu müssen Sie ein Anerkennungsverfahren durchlaufen.